EM 2025: Norwegens Keeperin Fiskerstrand nach K.o. gegen Italien – Wir sind sehr enttäuscht

EM 2025: Norwegens Keeperin Fiskerstrand nach K.o. gegen Italien – Wir sind sehr enttäuscht

Ein Treffer in der 90. Minute, dann Stille. Fassungslosigkeit in Rot, Jubel in Blau. Norwegen ist bei der EM 2025 raus, Italien steht im Halbfinale. Für Cecilie Fiskerstrand ist es besonders bitter: Die Torhüterin hielt ihr Team lange im Spiel – und musste am Ende doch zusehen, wie ein später Stich alles zunichtemachte.

Das Spiel: Paraden, verpasste Momente – und ein Treffer in der Schlussminute

Norwegen begann kontrolliert, suchte früh Ada Hegerberg als Zielspielerin und versuchte, Caroline Graham Hansen über rechts in Eins-gegen-eins-Situationen zu bringen. Italien antwortete mit einer kompakten, cleveren Ordnung: enger Block, kurze Abstände, wenig Raum zwischen den Linien. Das sah nicht spektakulär aus, war aber effektiv.

Fiskerstrand wurde schnell zur Hauptfigur. Einmal rettete sie im Eins-gegen-eins gegen Emma Severini – der Winkel war spitz, die Reaktion blitzschnell. Mehrfach pflückte sie Hereingaben aus der Luft und hielt Distanzschüsse sicher. Norwegen hatte Phasen mit Druck, doch im letzten Drittel fehlte die Präzision: eine Hereingabe zu spät, ein Abschluss zu zentral, ein Pass in den Rücken der Stürmerin. Italien lauerte auf den einen Moment.

Die Partie kippte in der Schlussphase. Norwegen schob höher, suchte mit wachsenden Risiken den Punch. Italien blieb geduldig – und bekam die Belohnung. In der letzten Minute der regulären Spielzeit fand ein schneller Angriff die norwegische Defensive unsortiert, der Abschluss saß. Keine zweite Chance, keine Verlängerung. Ein Minimalismus, der den Turnierweg der Italienerinnen trifft: In der Gruppenphase trafen sie nur drei Mal, jetzt reichte ein Tor, um eine starke norwegische Generation zu stoppen.

Auf norwegischer Seite hingen die Köpfe. Fiskerstrand fasste die Stimmung kurz und deutlich: sehr enttäuscht. Mehr musste man gar nicht sagen. Sie hatte geliefert, Norwegen aber fehlte vorne die Kaltblütigkeit – und hinten in einem einzigen Moment die Balance.

Was die Niederlage für Norwegen bedeutet

Das Aus ist mehr als ein verlorenes Viertelfinale. Es ist ein weiteres Kapitel einer langen Durststrecke. Norwegen gehört historisch zur Weltspitze, hat Weltmeistertitel, EM-Titel und olympisches Gold gefeiert – der letzte große Triumph liegt 25 Jahre zurück. Seitdem sammelt das Team zu oft Dämpfer: frühe K.o.-Runden, Tage, an denen es einfach nicht klickt.

Für die Achse um Ada Hegerberg, Caroline Graham Hansen und Maren Mjelde fühlt es sich wie eine verpasste Gelegenheit an. Diese Spielerinnen können Spiele alleine kippen. Aber ein Turnier gewinnt man selten mit Glanzmomenten, sondern mit Struktur. Und genau da blieb Norwegen gegen Italien schuldig: zu wenig Verbindungen zwischen Mittelfeld und Angriff, zu wenige Läufe hinter die Kette, zu selten zweite Bälle gewonnen.

Die Trainerbank wird das nüchtern bewerten müssen. Wo lag der Bruch zwischen Plan und Ausführung? Stand der Block zu hoch, als der späte Gegentreffer fiel? Wurden die Wechsel rechtzeitig gesetzt, um neue Energie auf den Flügeln zu bringen? Solche Fragen entscheiden Spiele, die auf Messers Schneide stehen.

Fiskerstrand selbst war einer der Gründe, warum Norwegen überhaupt bis zur 90. Minute hoffen durfte. 61 Länderspiele, Routine, gutes Stellungsspiel – und das Wissen um italienische Abläufe. Sie spielt in der Serie A für die Fiorentina und kennt viele Gesichter von der Gegenseite. Das macht die Niederlage nicht leichter. Aber es erklärt, warum sie die Ruhe behielt, als Italien kurz vor der Pause zwei Halbchancen bekam und warum sie in der hektischen Endphase nicht die Nerven verlor.

Der größere Blick zeigt: Norwegen muss den Kader feinjustieren, nicht umstürzen. Es gibt Talent, es gibt Führung. Was fehlt, ist die wiederkehrende Klarheit im Angriffsdrittel. Wenn Graham Hansen gedoppelt wird, wer bringt die Überraschung? Wenn Hegerberg Bälle prallen lässt, wer stößt aus der Tiefe nach? Italien hat mit einem kompakten, pragmatischen Ansatz gezeigt, wie man große Namen neutralisiert und auf den Moment wartet.

Für Italien ist der Weg ins Halbfinale ein Statement der Effizienz. Kein Spektakel, kein Feuerwerk – aber ein Plan, der hält. Eine robuste Zentrale, enge Wege, brutale Konzentration im letzten Drittel. Turniere verzeiht man selten Schönheitsfehler, aber man belohnt Konsequenz. Italien hat sie geliefert.

Und Norwegen? Das nächste Fenster kommt schneller, als man denkt. Der Blick geht Richtung nächste Quali, Richtung Weltbühne. Der Kern der Mannschaft bleibt wettbewerbsfähig, doch die Hierarchien könnten sich verschieben. Die Mischung aus den Erfahrenen und der nächsten Generation muss früher greifen.

Die Punkte, an denen gearbeitet werden muss, liegen auf der Hand:

  • Verbindung zwischen Sechserraum und Angriff: mehr klare Pässe in die Tiefe, mehr Doppelläufe auf den Flügeln.
  • Standards als Waffe: bessere Laufwege, variablere Ausführungen, um enge Spiele zu knacken.
  • Balance in der Schlussphase: Risiko dosieren, Restverteidigung sichern, Wechsel timinggenau setzen.

Dass es trotz allem so knapp war, hat viel mit der Torhüterin zu tun. Fiskerstrand übernahm die Nummer eins nach Ingrid Hjelmseths Rücktritt nach der WM 2019 und hat seitdem Stabilität gebracht. Genau diese Stabilität wird Norwegen jetzt brauchen – in der Analyse, im Training, im nächsten Spiel. Manchmal genügt ein einziger Treffer, um einen Sommer zu kippen. Diesmal traf es Norwegen.